Galerias – Wasser, Tunnel, Abenteuer

Auf einer Vulkaninsel wie Teneriffa ist das kostbare Gut Wasser ohne Zweifel für die Versorgung der einheimischen Bevölkerung, die Landwirtschaft und auch für den Tourismus von größter Bedeutung. Es gibt auf Teneriffa wie auch auf den anderen kanarischen Inseln kaum eigenes Grundwasser und auch keine natürlichen Seen. Der Wasserverbrauch auf den Inseln ist in den letzten Jahrzehnten durch den steigenden Tourismus hingegen stetig angestiegen.

In der Vergangenheit waren neben den großen Hotelanlagen insbesondere die Bananen Plantagen die größten Trinkwasser Verbraucher. Mittlerweile haben die meisten Bananen Plantagen auf verschiedene Wassersprühsysteme umgestellt, die bis zu 50% des Wasserverbrauchs einsparen. Auch einige Hotels arbeiten zwischenzeitlich mit Wasseraufbereitungsanlagen. Daneben gewinnt auch auf allen kanarischen Inseln die Bedeutung von Entsalzungsanlagen immer größere Bedeutung für die Trinkwassergewinnung. So hat man in Adeje im Süden von Teneriffa eine unterirdische Entsalzungsanlage gebaut, der in den nächsten Jahren noch weitere folgen sollen. Als weitere „Sparmaßnahme“ empfiehlt die Inselregierung – und nicht nur weil die Wasserqualität nicht besonders gut ist – das Trinkwasser in Flaschen zu kaufen.

Auch wenn bislang noch immer genug Wasser für alle da war, ist und bleibt das Trinkwasser eine der größten Ressourcen auf den Inseln, mit der sparsam umgegangen werden sollte, da das Wasser auf Teneriffa und auch auf allen anderen kanarischen Inseln immer knapper wird.

Wassergewinnung durch Galerias

Bei meinen Wanderungen durch die Barrancos von Teneriffa stieß ich immer wieder auf Wasserkanäle, die neben den Wegen oder auch höher an den Hängen entlang liefen und größtenteils abdeckt waren. Einige schienen ein wenig verfallen und nicht mehr in Gebrauch.

Dafür verliefen neben den Kanälen Rohrleitungen aus Plastik. Zunächst nahm ich die Wasserkanäle kaum wahr und wunderte mich nur, an wie vielen Stellen diese kleinen häufig voll Wasser rauschenden Kanäle anzutreffen waren. Wenn ich mit Hund unterwegs bin, freue ich mich natürlich  über jeden Kanal, der am Weg liegt. Denn häufig  sind diese Kanäle an einigen Stellen nicht abdeckt und so gibt es auch bei größter Hitze immer frisches Trinkwasser für den Hund.

Erst nach und nach realisierte ich,  dass es diese Kanäle anscheinend überall auf der Insel gibt und es unzählige Meter sein müssen, die man hier zum Wassertransport verlegt hat. Ich stellte fest, dass diese Kanäle häufig in Tunnel führen und dort auch weiter verlaufen. In der Nähe der Tunneleingänge fielen mir auch häufig Ruinen oder Gleise sowie Reste, die auf nicht mehr genutzte Industrieanlagen schließen ließen, auf. “Bergwerke – wurde hier Gold oder Silber gesucht?”, fragte ich mich. Erst nach und nach fand ich heraus, dass sowohl die Kanäle, die Tunnel, die Ruinen und Industriebrachen zusammen gehören. Alles wurde gebaut und diente oder dient auch heute noch ausschließlich und allein der Wassergewinnung. Bei den Stollen handelt es sich um sogenannte Galerias.

Stollen in Hand von Aktionären

Lore

Lore

Galerias sind Trinkwasserstollen, in denen man Trinkwasser nach einer uralten traditionellen Methode in Stollenanlagen zur Wassergewinnung sammelt und speichert. So kommt es, dass der Wanderer auf Teneriffa ab und zu auf seinen Wanderungen diese in den Berg eingelassen waagerechten Bohrungen in das Gebirgsmassiv finden kann. Einige dieser Galerias sind auch heute noch begehbar. Auf diese alt hergebrachte Art der Sammlung des Wassers in Galerias wurde und wird noch heute der größte Anteil des Wassers auf der Insel gewonnen. Allein auf Teneriffa gibt es über eine Million Meter Trinkwasserstollen.

Diese Stollen befinden sich nicht in staatlicher, sondern in der privaten Hand von Aktionären. Die Aktionäre unterhalten diese Galerias finanziell und mit den Wasseraktien wird, wie das häufig mit Wertpapieren so üblich ist, spekuliert. Bei ansteigender Wassernachfrage steigen auch die Wasserpreise. Das Erschließen neuer Galerias war in der Vergangenheit äußerst kostenintensiv, so dass nicht die Regierung selber, sondern Aktiengesellschaften die Wassergewinnung auf Teneriffa übernahmen. Die Anteile für einen neu entstehenden Wasserstollen hat man an die Interessenten verkauft. Und daher befinden sich auch die vielen betonierten Wasserkanäle und Wasserrohre, die das Wasser verteilen und zu den Grundbesitzern leiten, in der Verwaltung der Aktiengesellschaften.

Ruinen in den Felsen

Ruinen in den Felsen

Die Galerias gehören zu den wichtigsten Ressourcen der Insel Teneriffa. Die erste Galeria hat man 1840 im Norden in der Nähe von Orotava angelegt. Mit mehr als 1000 Bohrschächten, die über 1600 km lang sein sollen, wird aus den Galerias das Trinkwasser für Teneriffa gewonnen. Daneben gibt es über 500 Brunnen und Wasserstaubecken sowie unzählige private Stauwehre. Das Wasser verteilt sich auf über 4000 km in Kanälen und Rohren, die auf der gesamten Insel Teneriffa verteilt sind. 90 % des Trinkwassers gewinnt man aus diesen natürlichen Ressourcen. Es lohnt sich daher nach wie vor, für die sogenannten „Wasserbarone“ nach Wasser auf Teneriffa zu bohren.

Wie wird das Wasser gewonnen?

Da die Nutzung und Verwaltung von Wasserquellen auf Teneriffa seit den 30er Jahren, als sich Aktiengesellschaften gründeten, in privater Hand ist, werden an Standorten, an denen Wasservorkommen vermutet wird, werden Investoren und Geldgeber gesucht, die den Bodenkauf und die anschließenden Bohrungen finanzieren. Die Galerias waren an Stellen, an denen man Wasservorkommen vermutet hat, horizontal in den Berg getrieben, um an die Wasserkammern zu kommen. Der angefallene Schutt hat man auf von Maultieren gezogenen Loren aus dem Berg heraus gebracht.
Im Norden der Insel gibt es viele bewaldete Berghänge. Dort regnet es häufig aus den Passatwolken, die bis zu einer Höhe von 500 Metern über die Insel ziehen. Die Feuchtigkeit versickert im Erdreich. Die Wälder auf Teneriffa bestehen zu einem großen Teil aus der kanarischen Kiefer, die besonders lange Nadeln aufweist.

die kanarische Kiefer hat besonders lange Nadeln

die kanarische Kiefer hat besonders lange Nadeln

Mit diesen langen Nadeln fängt sie zusätzlich Feuchtigkeit ab, die sie in das Erdreich abgibt. Das kostbare Wasser versickert über das Erdreich durch das Vulkangestein in die zur Wassergewinnung angelegten Stollen hinab. Dort aufgefangen und gespeichert, muss das Wasser nur noch gereinigt werden, bevor es von den Eigentümern der Stollen an die Gemeinden und Wasserversorgungsgesellschaften verkauft wird.

Wanderabenteuer Tunnel

Bei vielen Wanderungen bin ich auf  diese in die Berge eingelassenen Galerias gestoßen, die man auch teilweise begehen kann. Während im Norden der Insel die meisten Galerias liegen sollen, da es dort mehr regnet, bin ich auch im Teno Gebirge immer wieder auf Galerias gestoßen. Jedem, der diese auf eigene Faust begehen möchte, ist größte Vorsicht anzuraten. Häufig wird in der Presse auf Teneriffa darüber berichtet, dass sich Menschen in den Stollen verirrt hätten oder durch herabfallende Felsen oder andere Art zu Tode gekommen seien. Daraufhin wurden in den letzten Jahren viele Stolleneingänge mit Toren versehen, um Unbefugte vom Betreten der gefährlichen Tunnel abzuhalten.

Dennoch ist es auf Wanderungen immer wieder interessant in den Bergen und den Barrancos auf Reste der Tätigkeiten um die Wassergewinnung zu stoßen. In völliger Einsamkeit und Abgeschiedenheit finden sich alte Gleise, verrottete Loren und Metalle, die Zeugnis über die vergangenen menschlichen Aktivitäten zur Wassergewinnung ablegen. Ein Beispiel ist der Barranco Natero im Süden von Teneriffa, in dem man heute noch an der Galeria viele alte verlassene Ruinen, Maschinenreste und Gleise, die ins Leere laufen, vorfindet. Mir hat besonders ein einsames Rad einer Lore, das wahrscheinlich über Jahrzehnte im weißen Stein wie festgewachsen dort unten auf dem Barrancogrund liegt, gefallen. Überall um diese Galerien findet man weiße Ablagerungen. Bei diesen handelt es sich um Versinterungen, die dadurch entstanden sind, dass durch den Barranco fließendes Wasser beim Verdunsten Calciumsalze abgelagert hat.

Vom Barranco de Santiago zum Barranco Seco

Lorenrad - Zeugnisse vergangener Tage

Lorenrad – Zeugnisse vergangener Tage

Eine Wandertour, die durch zwei Galerias führt, war bis vor einem Jahr sogar noch in einem renommierten offiziellen Reiseführer ausgewiesen. Dabei handelt es sich um eine Tour, auf der der Wanderer in Höhe von Tamaimo durch einen über einen Kilometer langen Tunnel geht. Der Tunnel führt vom Barranco de Santiago in den Barranco Seco. Von dort besteht die Möglichkeit, durch einen zweiten gleichfalls ca. einen Kilometer langen Tunnel zurück über die Klippen nach Los Gigantes zu gelangen. Offiziell ist dieser Weg im Moment gesperrt, da es an der Steilküste vermehrt zu Erdrutschen und Steinschlägen gekommen ist. Auch am zweiten Tunnel ist ein Schild angebracht, dass das Betreten des Tunnels gefährlich sein könnte. Dennoch wird dieser Weg  nach wie vor von wagemutigen Einzelgängern begangen.

Als diese Tour noch ohne Einschränkungen möglich war, habe ich sie einige Male sehr gerne gemacht, da sie neben ein wenig Nervenkitzel in dunklen Tunnels auch fantastische Ausblicke von den gigantischen Felsen des Teno Gebirges in einsame Barrancos und weit über in Atlantik bietet. Da ich hoffe, dass diese einzigartige Wandertour auch in Zukunft wieder möglich sein wird, werde ich die genaue Routenbeschreibung und weitere Tunnelerlebnisse demnächst hier veröffentlichen.

Comments are closed.